Manifest der Mutanten

Gefolgt von: Mutation, Gebrauchsanleitung

 

Unsere Eltern träumten davon, dass im Jahre 2001 intelligente Computer bei einer Weltraumodyssee ihren Vorfahren Australopithecus mit einem Augenzwinkern beobachten. Statt dessen wird die lästige Verwaltung dieses Planeten jeden Tag noch ein bisschen schwieriger. Das Prinzip der Vorsicht breitet sich ungehemmt aus und vereinnahmt den Geist: immer mehr Komfort und immer weniger Risiken, mehr Sicherheit und weniger Mut. Es wird nichts geschaffen, es wird nichts verändert, alles bleibt, wie es ist. Kurs: wir ersticken.

Keine Ideen, keine Projekte, kein Horizont. Evolutionstechnisch ausgedrückt heisst das, dass es keine Mutation und keine Wandlung , also auch keine Selektion und keine Evolution mehr gibt. Das Prinzip ist einfach: alles, was sich identisch reproduziert, kann sich nicht anpassen und wird früher oder später verschwinden. Verschiedenheit ist das Leben. Uniformität ist der Tod. Haben Sie Lust dazu, Ihr Leben als lebendiges Fossil abzuschliessen, das mit offenem Mund zusieht, wie ein Asteroid auf dem blauen Planeten einschlägt? Wir nicht !

Wir sind anders. Wir sind die ersten Mutanten.

Wir lieben das Leben. Wir wollen uns weiterentwickeln, immer schneller und immer weiter. Wir wollen der Ursprung der Zukunft sein. Wir wollen unser Leben verändern, im direkten und im übertragenen Sinn: wir wollen neue Gattungen erschaffen, menschliche Klone annehmen, unsere Gameten einer Selektion unterziehen, unsere Körper und unseren Geist formen, die Keime besiegen, genetisch veränderte Nahrung zu uns nehmen, unsere Stammzellen zur Verfügung stellen, Infrarot sehen und Unterschall hören können, Pheromone spüren, unsere Gene kultivieren, unsere Neuronen ersetzen lassen, im Weltall Liebe machen, mit Robotern diskutieren, modifizierte Geistesebenen ausprobieren, neue Sinne entwickeln, zwanzig Jahre oder zwei Jahrhunderte lang leben, auf dem Mond wohnen, den Planeten Mars bewohnbar machen und mit den Galaxien vertraut werden. In uns existiert Zivilisation und Wildheit, Raffinesse und Barbarie, das Komplexe und das Einfache, wir sind kopfgesteuert und leidenschaftlich. Eines schönen Morgens hat all das ein Ganzes gebildet und die tödliche Lauheit der Vergangenheit ist von uns abgefallen - sie ist heute nur noch eine unangenehme Erinnerung.

Wir sind die Geheimagenten des Lebens und das Leben weiss es noch nicht.

Wir sind die wütenden Enkel von Darwin und wir fordern für die Unseren die Anwendung des KeineVorsicht Prinzips, und zwar aus dem guten Grund, dass dieses Prinzip die Welt seit ihren Anfängen beherrscht. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Die Evolution funktioniert seit 3,5 Millionen Jahren so, die Primaten dagegen erst seit 150 Jahren. Es ist an der Zeit, diese Verspätung aufzuholen.

Haben wir die Wahl? Manche glauben an die gute alte Zeit, die sie selbst nie gekannt haben und wollen unbedingt zurück zu ihr: nur zu! Wir empfinden dieser Einstellung gegenüber weder Hass noch Verachtung, denn wir glauben an das Prinzip der Verschiedenheit, das auch für künftige Menschengenerationen gelten soll. Wenn man an einer Kreuzung steht, muss jeder seine Richtung wählen. Schon unsere Vorfahren haben so gehandelt, wir tun es ihnen gleich. Der letzte Sprung der Evolution, der den Menschen von unseren Halbbrüdern, den Affen, getrennt hat, ist doch ganz gut gelungen. Diese Entwicklung ist nun beendet und wir finden, dass es an der Zeit ist, eine neue Entwicklung zuzulassen.

Ganz frei.

Ganz unschuldig.

Die Sterne strahlen und sie erwarten uns seit dem Beginn des Universums. Es ist Mitternacht, Doktor Faust. Die Evolution wird weitergehen. Und niemand kann uns daran hindern.

 „ In diesen grauen Vorzeiten hatten die meisten Menschen die Konsequenzen ihrer Entdeckungen noch nicht verstanden. Sie glaubten nicht mehr an Gott, stellten sich aber vor, seinen Gesetzen immer noch unterworfen zu sein. Sie hatten ihre Seele verloren, wussten aber nicht, was sie mit ihrem Gehirn anfangen sollten. Vor allem wollten sie keine Entscheidungen treffen, um nicht mit ihren Konsequenzen konfrontiert zu werden. Dann kamen die ersten Mutanten. "

Das Buch der Veränderungen (Standardjahr 3913)

 

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Mutation, Gebrauchsanleitung

 

Ein Manifest ist, wie schon sein Name besagt, dazu da, ein schon bestehendes Phänomen aufzuzeigen. Bitte lesen Sie die folgende Gebrauchsanleitung zur Mutation.

1. Bei diesem Text handelt es sich nicht nur um einen Text: er ist ein in einem menschlichen Gehirn entstandenes neuronales Netzwerk, das provisorisch die Gestalt von Worten angenommen hat.

2. Beim Lesen dieses Textes hat Ihr Gehirn seine elektrische und chemische Vernetzung leicht abgeändert. Wenn Sie der Text begeistert oder im Gegeteil schockiert hat, betreffen dieses Veränderungen sogar tieferliegende Gefühlszonen.

3. Mit anderen Worten, Ihr Gehirn ist schon mutiert. Wenn diese mentalen Mutationen eines Tages die kritische Grösse erreichen, werden sie eines Tages eine reale Mutation zur Folge haben, also einen Akt, der eine biotechnische Mutation organisiert.

4. Ob Sie es wollen oder nicht, dieser Text ist jetzt ein fester Bestandteil Ihres Geistes. Sie haben nun drei verschiedene Wahlmöglichkeiten: vergessen, nicht weitersagen oder weitergeben. Glauben Sie nicht, dass Sie diesen Text direkt bekämpfen können, indem Sie vor ihm warnen: Sie würden ihn auf diese Weise bekanntmachen, also die Wahrscheinlichkeit von Mutationen erhöhen.

5. Wenn Sie selbst ein Mutant sind, ist dieser Text in Ihrem Gehirn auf eine gleichartige, schon bestehende neuronale Verbindung gestossen. Sie haben Lust, den Text bekannt zu machen. Diese Lust zum Weitergeben ist die Wiederholung des ureigensten, ältesten und mächtigsten Prinzip des Lebens.

6. Die Weitergabe des Textes ist ganz einfach, Sie brauchen ihn nur zu kopieren und weiter zu verschicken. Auf diese Weise reist er in ein paar Tagen durch die ganze Welt und dringt in Millionen von Geister ein. Das geht viel schneller als bei einer natürlichen genetische Mutation, wir haben der Evolution gegenüber einen Vorteil.

7. Wir raten Ihnen  formell dazu, den Text nach Ihren Wünschen abzuändern oder sogar Töne oder Bilder beizufügen. Sie können am besten beurteilen, wie der Text den Geist der anderen am besten durchdringen kann. Nutzlose Sätze werden gelöscht, andere beigefügt. Es ist nur wichtig, die Kernidee zu bewahren: wir werden mutieren, um uns weiterzuentwickeln. Die Worte, die sich um diese Idee ranken, sind lediglich Oberflächenrezeptoren, die sich an die Neuronen anhängen und die Mutation aufzeigen sollen.

8. Der Text selbst ist also eine ständige Mutation. Wahrscheinlich ist die Version, die Sie gerade gelesen haben, nicht die Orginalversion, was aber völlig unwichtig ist. Die von Ihnen eingebrachten Veränderungen stellen Ihren persönlicher Beitrag zur Mutation dar.

9. Artgleiche werden in kurzer Zeit auftauchen und über die nächsten zehn Jahrhunderte entscheiden ......

 


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